FDP Rietberg
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„Wir werden kein Wachstum haben“

Prof. Dr. Manfred Niewiarra (FDP) zum Haushalt

Prof. Dr. Manfred Niwiarra, Ratsherr und Spitzenkandidat der FDP Rietberg

Rietberg (pb). Er ist der Alterspräsident im bisherigen und vermutlich auch im künftigen Stadtrat. Professor Dr. Manfred Niewiarra hat das 80. Lebensjahr schon vor einiger Zeit vollendet. Was nicht heißt, das der bisher einzige Ratsvertreter der FDP in der aktuellen Legislaturperiode leiser geworden wäre. Er gilt als analytischer Denker, der seine Meinung deutlich zum Ausdruck bringt und sich dabei auch auf eine lange berufliche Erfahrung in Führungspositionen verlassen kann.

Insbesondere den Finanzen gilt sein stets kritisches Augenmerk. Was kaum jemand in Rietberg weiß, der gebürtige Masure, der Flucht und Vertreibung 1945 wie viele andere bitter erfahren musste, sammelte wertvolle politische Kenntnisse einst bei Willy Brandt.

Anderthalb Jahre lang war Niewiarra in der Kanzlei von Politiker Peter Lorenz beschäftigt. Und dieser ebnete dem heutigen Rietberger den Weg für eine sechsmonatige Ausbildung unter der Ägide von Brandt.

„Das war eigentlich meine erste Begegnung mit der Politik“, erinnert er sich im Gespräch mit „UR“. Er habe vor allem die sogenannten kleinen Anfragen zu beantworten gehabt, beispielsweise auch eine nach der genauen Anzahl aller Bäume in Berlin. „Und diese waren damals tatsächlich akribisch erfasst“, schmunzelt der Professor, der nicht gerne viel aus seinem Leben preisgibt, sondern lieber auf Rietberg und die Weiterentwicklung der Stadt schaut.

Gemeinsam mit FDP-Vorsitzendem Ralph Böwingloh ist Niewiarra, der seit 2009 dem Stadtrat angehört, stolz darauf, in Sachen „City Outlet“ in der jetzigen Legislaturperiode den Stein gegen eine Projektrealisierung ins Rollen gebracht zu haben. „Ohne uns hätten wir jetzt Bauruinen in der Innenstadt“; ist sich das Duo sicher. „Nicht auszudenken sei, was die Corona-Pandemie in Sachen Ladensterben angerichtet hätte. Wir haben immer einen Ratsbürgerentscheid gefordert. Letztlich kam es zum Bürgerbegehren. Das Beispiel zeigt, dass auch eine mit geringer Zahl im Rat vertretene Partei mit Hilfe der Bürger etwas erreichen kann.“

An oberster Stelle steht für die FDP die Forderung, „wegen Corona alles bisher Geplante einfach noch einmal neu zu überdenken. Die Pandemie sorgt für gewaltige Veränderungen, dem muss man Rechnung tragen und nicht an dadurch veralteten Planungen festhalten.“ In Beispiel sei der Neubau des Schulzentrums, der auf aktuelle und potentielle künftige Anforderungen geprüft werden müsse. „Wir müssen zwingend die Erfahrungen aus dem Jetzt nach den Lockdown-Zeiten einfließen lassen. Schule wird nicht mehr wie seit Jahrzehnten gewohnt weitergehen.“

Boomender Online-Handel stehe einer Belebung der Geschäftsflächen im historischen Stadtkern entgegen. Deshalb sei, so Professor Dr. Niewiarra, auch hier ein neuer Denkansatz nötig. „Blumenrabatten ersetzen kein urbanes Leben“, stellt er mit Blick auf die Umgestaltung der Rathausstraße fest. Leerstehende Häuser und ebensolche Ladenlokale sollten in Wohnraum umgewandelt werden.

Es gelte, die Altbauten bedarfsgerecht zu sanieren „anstatt die Stadtränder zu versiegeln“. Mehrere hundert neue Bewohner in der historischen Altstadt sorgten auch für mehr Leben und seien unter anderem für die Gastronomie ein Zugewinn.

In Sachen Planung des kommunalen Geldsäckels kommentiert der Alterspräsident: „Alle anderen Parteien sind noch nicht in der Realität angekommen. Wir wissen frühestens Mitte 2021, welche finanziellen Auswirkungen Corona wirklich auf unseren städtischen Haushalt haben wird.“

Unterstützungszusagen von Land oder Bund bezögen sich auf einmalige Zahlungen. „Und danach? Wir müssen abwarten, erst nächstes Jahr im Sommer wird man wissen, was uns noch überbleibt in Sachen Steuereinnahmen und was nicht. Aber sicher ist schon heute, wir werden kein Wachstum haben.“

Dieser Artikel erschien im Original am 09.09.2020 im Stadtmagazin „Unser Rietberg“.


9. September 2020

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